Kaiser Karl I.

Zur Zeit Karls des Großen tauchten überall im Frankenreich die Werke des Boethius wieder auf und wurden abgeschrieben. Interessanterweise waren sie stellenweise mit Neumen versehen, wie hier in den Anfangsversen seiner „Consolatio“ zu sehen ist (Psalter Ludwigs des Deutschen, 9. Jahrhundert, Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. fol. 58, fol. 1v).
Kaiser Karl I. der Große

Man nimmt heute im Allgemein an, dass die gregorianischen Gesänge im Frankenreich des 8. Jahrhunderts unter Karl dem Großen (747–814) entstanden seien. Şebnem Yavuz geht allerdings von einer anderen Version der Geschehnisse aus.

Nach ihren Forschungsergebnissen kamen im 8. Jahrhundert Pippin und Karl der Große den verbotenen boethianischen Gesängen auf die Spur. Kaiser Karls Bemühungen um die Vereinheitlichung und Erneuerung der Liturgie waren nichts anderes als der Versuch, das ursprüngliche machtvolle System der mystischen boethianischen Gesänge wiederzuentdecken.

Plötzlich tauchten die bis dahin nicht existenten Werke des Boethius wieder auf und wurden mehrfach abgeschrieben. Karl der Große stieß allerdings vonseiten der römischen Kirche auf sehr starken Widerstand, der ihn zwang, auf weitere Nachforschungen in Sachen Boethius zu verzichten.

Das Wissen um die boethianischen Gesänge ist im Geheimen noch einige Jahrhunderte weitergetragen worden, bis es endgültig erlosch.